Erfahrungsbericht „Therapie hat mir geholfen“
„Ich habe weniger Panik“
Erfahrungsbericht von Linda, 36 Jahre, aus xxxxx, Art der Therapie: Verhaltenstherapie
- Was waren die Gründe dafür, eine Therapie zu beginnen? Wie haben Sie den Weg in die Therapie gefunden?
Der Grund für die Therapie war, dass ich unter Angst und starken Panikattacken gelitten habe. Das hat schon vor etwa fünf Jahren begonnen. Am Anfang kamen die Panikattacken aber nur selten vor, und auch nur in einer Situation, nämlich im Kino. Mit der Zeit ist es aber immer mehr geworden, ich hatte auch in der U-Bahn und beim Einkaufen immer wieder Panikattacken. Mit der Zeit habe ich diese Situationen dann so weit es ging vermieden. Irgendwann habe ich schließlich gedacht: So kann es nicht mehr weitergehen.
In die Therapie wurde ich von einer anderen Therapeutin vermittelt, bei der ich wegen einem Haut-Ekzem in Behandlung war, die mit Stress zusammenhing. Ich hatte Glück und habe relativ schnell einen Therapieplatz bekommen.
- Welche Art von Therapie haben Sie gemacht? Wie lange hat die Therapie gedauert und wie oft fanden die Termine statt?
Das war eine Verhaltenstherapie bei einem Ausbildungsinstitut in München. Ich war von April 2012 bis Oktober 2013 in Therapie und habe vor kurzem das Abschlussgespräch gemacht. Die Termine fanden am Anfang einmal in der Woche, später alle zwei Wochen und gegen Ende der Therapie nur noch einmal im Monat statt.
- Wie sah der Ablauf der Therapie aus? Was wurde dort gemacht?
Am Anfang hat mich die Therapeutin über Angst, Panikattacken und Vermeidungsverhalten aufgeklärt. Ich habe gelernt, was Panikattacken überhaupt sind und wie sie entstehen, wodurch sich die Angst verschlimmern kann und so weiter. Seit Beginn der Therapie habe ich auch ein Tagebuch geführt, in dem ich notieren sollte, wenn Panikattacken auftreten, wie stark meine Angst dabei war und wie hoch meine allgemeine Anspannung war.
Nach etwa einem halben Jahr Therapie, im September 2011, haben wir eine Expositionssitzung gemacht. Dabei habe ich zusammen mit der Therapeutin die Situationen aufgesucht, in denen ich Panikattacken hatte und die ich vorher vermieden hatte. Wir sind zusammen mit der U-Bahn gefahren und einkaufen gegangen. Dabei sollte ich die Angst bzw. die Paniksymptome, die auftreten, beobachten und aushalten – so lange, bis sie allmählich wieder nachlassen.
Das Gute dabei war, dass wir alles vorher sehr genau durchgesprochen hatten: Wie ich mich in der Situation verhalten soll, was alles passieren könnte, wie ich damit umgehen könnte und so weiter. Die Therapeutin hat auch gesagt: „Ich zwinge Sie nicht, es zu machen. Wenn Sie es nicht schaffen und die Übungen abbrechen wollen, ist es kein Problem – dann probieren wir es eben an einem andern Tag nochmal.“
Bei der Exposition habe ich dann eine Panikattacke mal vom Anfang bis zum Ende durcherlebt. Ich habe gemerkt, dass die schlimmen Befürchtungen, die ich hatte, gar nicht eingetreten sind. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Angst am Ende ganz weg war. Gleich nach der Expositions-Sitzung haben wir noch einen Termin gemacht, bei dem wir alles, was ich erlebt habe, noch einmal genau besprochen haben.
Anschließend habe ich selbständig weitergeübt, bin einkaufen gegangen, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren und ins Kino gegangen. Manchmal ist es mir schwerer gefallen, dann ging es wieder relativ gut – aber ich wollte auf jeden Fall dabei bleiben und weiter üben, um die Angst immer weiter zu überwinden.
Außerdem habe ich in der Therapie mithilfe einer Atemübungs-CD und einer Yoga-CD geübt, mich zu entspannen und meine Grundanspannung zu verringern. Das hat mir sehr geholfen, meine Anspannung im Alltag auf ein normales Maß zu reduzieren.
Die Therapeutin hat auch Wert darauf gelegt, meinen Mann über die Panikattacken und die Hintergründe der Erkrankung zu informieren. Bei den Gesprächen ging es auch darum, wie er sich verhalten soll, wenn ich eine Panikattacke bekomme: Ob er helfen soll oder nicht, was er konkret tun kann und was er eher nicht tun sollte – zum Beispiel, mir dann Aufgaben abzunehmen oder mit mir aus der Situation herauszugehen. Diese Gespräche haben uns beiden sehr geholfen, besser mit der Angst und den Panikattacken umzugehen.
- Auf welche Art hat die Therapie Ihnen geholfen? Was haben Sie als besonders hilfreich erlebt?
Für mich war die Exposition besonders hilfreich. Danach ging es mir richtig gut, weil meine Angst vor den verschiedenen Situationen verschwunden war. Ich hatte danach das Gefühl: Ich kann es schaffen, mit der Angst und den Panikattacken fertig zu werden. Das hat mich sehr motiviert, alleine weiter zu üben.
Diese Übungen waren für mich ebenfalls sehr nützlich, weil ich so immer besser mit den unterschiedlichen Situationen zurechtgekommen bin und die Panikattacken mit der Zeit immer seltener und schwächer aufgetreten sind.
In den Situationen, in denen Panik aufkommen könnte, ist es für mich wichtig, im Hier und Jetzt zu bleiben und mich nicht zu stark auf meinen Körper und mögliche Anzeichen einer Panikattacke zu konzentrieren. Dabei hilft es mir, wenn ich mich auf konkrete Reize aus der Umgebung konzentriere: Was ich gerade sehe, wie ich den Boden unter den Füßen spüre und so weiter.
Dadurch, dass mein Mann Bescheid weiß, kann er mich dabei sehr gut unterstützen. Er fragt mich dann zum Beispiel: „Was liegt dort alles auf dem Regal?“ oder etwas Ähnliches. Und wenn mein siebenjähriger Sohn dabei ist, kann ich mit ihm „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ spielen – das ist für uns beide lustig und lenkt meine Aufmerksamkeit auch auf etwas anderes.
Letzten Endes war es auch nützlich, das Tagebuch zu führen, weil ich daran mit der Zeit deutlich sehen konnte, dass die Panikattacken und auch meine Grundanspannung deutlich zurückgegangen sind. Das hat mich darin bestärkt, dass ich auf einem guten Weg bin.
- Wie war Ihr Verhältnis zur Therapeutin? Was war charakteristisch am Verhalten der Therapeutin?
Die Therapeutin hat mich bei allem sehr engagiert unterstützt. Sie hat mich von Anfang ernst genommen und mir das Gefühl gegeben, dass ich nicht irgendwie seltsam bin. Zum Beispiel hat mir klar gemacht, dass meine körperlichen Reaktionen wie Herzklopfen oder ?? im Grunde ganz normal sind – dass aber die Angst in bestimmten Situationen nicht normal ist, und wir deshalb etwas dagegen tun sollten.
Positiv war auch, dass sie mich für alle Fortschritte verstärkt hat, mir aber nie Druck gemacht hat, dass ich irgendetwas tun muss. Gleichzeitig sind wir immer in kleinen Schritten vorgegangen, so dass ich mich nie überfordert gefühlt habe.
Darüber hinaus hatte ich das Gefühl, dass die Therapeutin bei Schwierigkeiten immer greifbar war. Ich konnte sie immer anrufen, wenn es ein Problem gab. Und sie hat mir das Gefühl gegeben, dass es ihr wirklich wichtig ist, mir zu helfen. Zum Beispiel wurde bei mir auch eine multiple Sklerose festgestellt – und sie hat dann auch mit der behandelnden Ärztin gesprochen und sich informiert, ob und wie sich das auf die Panikattacken und die Therapie auswirken könnte.
- Was war bei Ihnen selbst (bei Ihren Einstellungen, Ihrem Verhalten) wichtig für die Therapie?
Ich denke, wichtig war für mich, dass ich wirklich den Willen hatte, etwas zu verändern – und einen gewissen Ehrgeiz, in der Therapie mitzuarbeiten und das zu schaffen, was ich mir vorgenommen habe. Das hing auch damit zusammen, dass mir Selbständigkeit sehr wichtig ist und ich es nicht hinnehmen wollte, dass mich die Angst in vielem so stark eingeschränkt hat.
Außerdem habe ich in der Therapie oft Durchhaltevermögen gebraucht, um immer weiter zu machen – auch wenn es mal schwierige Phasen gab oder die Mitarbeit anstrengend war.
Gleichzeitig hat mir auch die Unterstützung von meinem Mann und meinem Sohn sehr geholfen. Ich denke, es war gut, dass ich offen mit meinen Schwierigkeiten umgegangen bin und sie über meinen Ängste Bescheid wussten – so konnten sie mich optimal unterstützen.
- Gab es auch mal schwierige Situationen während der Therapie?
Vor der Exposition war ich natürlich schon sehr aufgeregt. Ich hatte Angst und war bei der Arbeit den ganzen Tag nicht so richtig konzentriert. Aber ich wusste, dass ich es auf jeden Fall machen will.
Es gab auch immer mal wieder Zeiten, in denen wieder mehr Panikattacken aufgetreten sind oder ich mehr Dinge vermieden habe. Aber das wichtige war für mich, dass ich trotzdem weiter geübt und nicht aufgegeben habe. Auch die Therapeutin hat zu mir gesagt: Es ist ganz normal, dass es auch mal Rückschläge gibt – aber wichtig ist, es immer wieder weiter zu probieren.
Alles in allem war die Therapie für mich manchmal schon anstrengend und zum Teil auch lästig – zum Beispiel jeden Tag das Tagebuch auszufüllen, jede Woche zu einem Termin zu gehen … Aber wenn es mir mal schwer gefallen ist, habe ich mir gesagt: „Das gehört dazu, ich muss da jetzt durch. Und schließlich bringt es mir ja auch was, und ich sehe jeden Tag kleine Erfolge.“
- Was hat sich inzwischen alles verbessert?
Inzwischen habe ich nur noch manchmal das Gefühl, dass da eine Panikattacke kommen könnte – aber dann schaffe ich es in 90 Prozent der Fälle, dass sie weg bleibt. Wenn ich spüre, dass Paniksymptome kommen, mache ich einfach alles wie geplant weiter – zum Beispiel beim Einkaufen. Dann verschwinden die Symptome nach einer Weile meist von selbst wieder.
Insgesamt bin ich jetzt auch psychisch viel stabiler. Vorher war ich eine Zeit lang richtig depressiv, habe mich in der Wohnung zurückgezogen und nur noch wenig gemacht. Diese depressive Stimmung ist jetzt sehr viel weniger geworden. Außerdem habe ich jetzt viel mehr als vorher den Willen, mit der multiplen Sklerose umzugehen.
- Was tun Sie jetzt, damit es Ihnen weiterhin gut bzw. besser geht?
Zunächst einmal möchte ich all die Dinge, die mir wichtig sind, weiterhin üben. Dazu gehört für mich vor allem, einkaufen zu gehen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Außerdem möchte ich immer wieder neue Situationen üben und mir neue Herausforderungen suchen.
Zum Beispiel hatte ich mir vorgenommen, mit meiner Familie in den Bergen Gondel zu fahren. Als ich dann in einer Menschenschlange anstand, kam doch ein bisschen Panik hoch und ich habe gedacht: „Oh je, was mache ich, wenn …“ Aber dann habe ich mir gesagt: „Ich mache es jetzt einfach, es wird schon klappen.“ Und dann ging es eigentlich ganz gut. Aber ich nehme mir auch die Freiheit, Situationen oder Tätigkeiten, die für mich nicht so wichtig sind, zurückzustellen und vorerst nicht zu üben.
Wenn irgendetwas gut klappt, zum Beispiel ein größerer Einkauf ohne Panikattacke, nehme ich das immer ganz bewusst wahr und freue mich über meinen Erfolg. Umgekehrt versuche ich, es nicht zu ernst zu nehmen, wenn doch mal wieder eine Panikattacke kommt. Dann sage ich mir: „Das kann eben auch mal passieren, aber ich lasse mich davon nicht entmutigen.“ Und mich mache mir klar, dass es insgesamt ja schon deutlich besser geworden ist.
Quelle: Bekannt